Rede Bürgermeister Alfred Sonders zur offiziellen Übergabe des Johannes Rau Kultur- und Bildungszentrums Alsdorf
am Mittwoch, 20. September 2017, 18 Uhr, Fördermaschinenhaus im Energeticon Alsdorf
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Gäste,
es ist geschafft. Trotz aller Hindernisse, aller Unkenrufe, aller bautechnischen Probleme, trotz der langen Startphase – heute stehen wir hier und blicken auf ein prächtiges Johannes Rau Kultur- und Bildungszentrum in Alsdorf, das durch den Namen unseres ehemaligen Bundespräsidenten und Landesvaters gekrönt wird – wir haben es eben schon gehört.
Erlauben Sie mir an dieser Stelle einen Blick zurück nach vorn: Vom ehemaligen Zechengelände als Motor der Wirtschaft, ja, der gesamten Stadt, über die riesige Industriebrache mitten in der City bis hin zum Johannes Rau Kultur- und Bildungszentrum im Schatten des alten Wasserturms, in Nachbarschaft des Energeticons und der neuen Wohnbebauung. Die Zechenbrache von einst ist kaum noch wieder zu erkennen – 25 Jahre nach Ende des Bergbaues in Alsdorf.
Als ich in dieses Projekt einstieg hatte ich mir - das muss ich offen zugestehen - nicht träumen lassen, dass es so hoch kompliziert sein könnte, Wege dafür zu finden, eine bereits erteilte Förderzusage von 12 Mio. Euro in die Tat umzusetze
Um dieses Projekt Kultur- und Bildungszentrum, kurz KuBiZ, realisieren zu können, war seinerzeit eine Einbettung in das Programm Soziale Stadt Alsdorf-Mitte unerlässlich. Komplizierte Förderwege, lange Planungszeiträume, zeitintensive Abstimmungsgespräche; heute würde ich sagen, es war ein Glücksfall für unsere Stadt.
Es sollten nicht einfach Gebäude für zwei neue Schulen entstehen, sondern ein kulturelles und soziales Zentrum für das Quartier.
Das Johannes Rau Kultur- und Bildungszentrum bildet gemeinsam mit dem Projekt ABBBA in der Luisenpassage eine Einheit mit vielen begleitenden Maßnahmen, um das Quartier der Sozialen Stadt, es ist der gesamte Bereich des Stadtteils Alsdorf-Mitte, von seinen Schwächen zu befreien und hin zu einem starken Stadtzentrum zu führen. Das Projekt “Soziale Stadt Alsdorf-Mitte” ist die Fortführung der umfassenden städtebaulichen und sozio-ökonomischen Neuorientierung unseres Alsdorfer Stadtkerns.
Wir hatten kein gewachsenes starkes Zentrum in der Stadt, der Grund liegt auf der Hand: Der Bergbau, Segen und Fluch zugleich. Wo einst das ökonomische Herz einer ganzen Stadt schlug, wo der EBV Arbeitsplätze und Wohlstand brachte, war mit dem Zechenaus auf einen Schlag alles perdu.
50 ha Fläche Brache – auch das war Segen und Fluch zugleich. Denn alle strukturellen Probleme haben gleichzeitig die Chance eröffnet, all`das, was wir heute haben, zu erschaffen. Und es wurde nicht weniger als ein neuer Stadtteil gebaut. Eine Mammutaufgabe, eine riesige Chance. Aus Problemen Chancen machen – das war lange, lange Zeit das Credo der Alsdorfer Stadtentwicklung. Und die Alsdorfer haben die Ärmel hochgekrempelt und sich ans Werk gemacht. Kein Wunder, dass dieser Prozess Jahre gedauert hat. „25 Jahre nach dem Ende des Bergbaus – Alsdorf entdeckt sich neu“ – unter diesem Titel haben wir in diesem Jahr eine Veranstaltungsreihe ins Leben gerufen, in deren Rahmen wir auch Bilanz ziehen: Die Stadt, die Wirtschaft, die Kultur, die Bildung. Eine Bilanz, auf die wir alle stolz sein können. Aber eins nach dem anderen.
Wo jahrzehntelang ein Steinkohlenbergwerk gestanden hat, konnte sich vieles nicht so entwickeln, wie das anderen Orts möglich war. 1992 wurde die letzte Kohle in Alsdorf gefördert. Anna, gelegen mitten in der City, schloss endgültig die Pforten. Seitdem ist Alsdorf eine Stadt im Wandel. Und wir wandeln uns noch. Darum ist der heutige Tag ein so wichtiger, denn er markiert den Höhepunkt der Stadtentwicklung von der Bergbaustadt hin zu einem neuen Alsdorf.
Vieles ist passiert. Aus Anna, dem ehemals pulsierenden Wirtschaftszentrum unserer Stadt, aus der Brache, die folgte, ist ein komplett neues Quartier entstanden. Ein äußerst gelungenes Quartier, wie ich finde. Alte Bergbauschätzchen stehen inmitten eines einmalig schönen Parkes. Ein Einkaufszentrum, an das viele lange Zeit nicht geglaubt haben, hat Gestalt angenommen. Die Wohnbebauung wächst und wächst. Heute verbuchen wir auf dem Annagelände einen Zuzug aus dem Umland von ungefähr 60 %. Auch an diesen Erfolg hat früher so mancher nicht geglaubt. Wir wissen es heute besser. Auf dem Annagelände finden vor allem junge Familien ein hervorragendes Umfeld, in dem es sich gut wohnen lässt. Das Energeticon boomt, gerade haben wir aus Anlass „1000 Tage Energeticon“ Bilanz gezogen: 100 000 Besucher waren bisher da. Das Kinozentrum im Schatten des alten Wasserturms der Alsdorfer Unternehmerfamilie Stürtz feiert sein 20jähriges Bestehen, 90 Jahre Kinotradition in Alsdorf. Die Stadthalle ist ein Besuchermagnet. Kultur ist in Alsdorf ein wichtiger Wirtschaftsfaktor und zieht Besucher aus der Region an. Dazu kommt unser Freizeitpark am Weiher mit vielen Attraktionen und kostenlosem Tierpark. Und dann die Wirtschaft: heute arbeiten doppelt so viele Menschen wie in Zeiten des Bergbaus, die Arbeitsplätze des Bergbaus sind längst kompensiert. Und neben Kultur haben wir uns in Alsdorf die Bildung auf die Fahnen geschrieben: Bildung ist die neue Kohle.
Jetzt sind die beiden Schulen fertig, unser modernes Gymnasium und unsere moderne Realschule liegen nur einen Steinwurf weit entfernt. Sie werden es gleich selbst erleben, wir gehen gemeinsam herüber zum Johannes Rau Kultur- und Bildungszentrum, wo Frau Christina Rau eine Namenstafel enthüllen wird. Liebe Frau Rau, an dieser Stelle auch von meiner Seite noch einmal ein dickes Dankeschön, dass wir unser KuBiZ nach ihrem Gatten benennen dürfen. Ohne Ihren Gatten und sein Engagement für unsere Stadt stünden wir heute nicht hier. Ich freue mich sehr, dass Sie heute nach Alsdorf gekommen sind und uns mit Ihrer Anwesenheit beehren.
Die Grundschule schließt direkt an die Wohnbebauung an, gleiches gilt für die Kindertagesstätte mit Familienzentrum und das Energeticon als außerschulichen Lernort. Einkaufen kann man ebenfalls fast vor der Haustüre und die grüne Oase Annapark lädt zum täglichen Spaziergang geradezu ein. Und egal ob ich einkaufen will, ob ich das Kino oder die Stadtbücherei besuchen will oder ob ich einen schönen Abend in der Alsdorfer Stadthalle oder im Bowlingcenter verbringen möchte - all’ das liegt nur wenige Minuten zu Fuß entfernt. Die Innenstadt Alsdorfs hat sich enorm gewandelt. Sie wurde komplett durchsaniert, millionenschwere Investitionen wurden bewegt. Die City glänzt heute mit einem modern gestalteten Denkmalplatz mit einer wunderschönen Skulptur, unserem Dreiklang, mitten auf dem Platz. Ein neues Symbol für den Aufbruch, für ein neues Alsdorf. Dort feiern alle Alsdorfer gemeinsam ihre Feste, wie gerade beim Europafest.
Wir haben unsere Burg in ein Glanzstück verwandelt. In der Remise mit der Begegnungsstätte der AWO ist ein neues Zentrum entstanden. Die VHS wurde in Mitte an zentraler Stelle angesiedelt. Und bietet ein vielfältiges Bildungsprogramm.
Apropos Bildung: Das Johannes Rau Kultur- und Bildungszentrum ist auch der krönende Abschluss einer Phase der Erneuerung unserer Schullandschaft. Alsdorf will sich als “die Familienstadt” in der Städteregion positionieren und das geht nicht ohne Angebote für die Familien.
Schade, dass die Hauptschule bis 2020 ausläuft, aber Eltern und Schüler haben hier mit den Füßen abgestimmt. Gleichwohl: Mit 8 Grundschulen, einem Gymnasium, einer Gesamtschule und 2 Realschulen sind wir auf dem Bildungssektor exzellent aufgestellt. In Alsdorf kann man alle Schulabschlüsse machen und mit dem Berufskolleg der Städteregion ist eine weitere große und wichtige Bildungseinrichtung vor Ort.
Wir in Alsdorf wollen unserem Ruf als Familienstadt gerecht werden. Deshalb wollen und müssen wir in Sachen Schulen sehr gut aufgestellt sein. Deshalb haben wir seit 2009 rund 85 Millionen Euro in unsere Schulen und damit in unsere Kinder und Jugendlichen investiert. Ein großer Batzen dieser Investition fließt natürlich in das Kultur- und Bildungszentrum, das jetzt Gymnasium und Realschule eine neue Heimat gibt.
Das KuBiZ ist ein Schlüsselprojekt für den Strukturwandel in unserer Stadt. Denn das Kultur- und Bildungs-Zentrum ist gemeinsam mit dem außerschulischen Lernort ENERGETICON, mit der Grundschule Anna und mit dem Familienzentrum Anna in direkter Nachbarschaft auch eine einzigartige Bildungslandschaft mit Modellcharakter.
Wir kümmern uns übrigens nicht nur um das Schlüsselprojekt KuBiZ. Wir kümmern uns um alle Schulen. Allein 2016 sind mehr als 2 Millionen Euro in Sanierungsmaßnahmen an Alsdorfer Schulen und Kindergärten geflossen. Insgesamt haben wir seit 2009 rund 28 Millionen Euro - zusätzlich zum KuBiZ - in unsere Schulen gesteckt.
Alsdorf hat mit 20 Kitas ein ebenso beachtliches Angebot vorzuweisen. Elementar für Familien sind auch die U-3-Angebote, die wir seit 2013 sukzessive ausgebaut haben. Und auch die Tagespflege haben wir voran gebracht und weiter ausgebaut: In den letzten zehn Jahren haben sich die Plätze mehr als verzehnfacht.
Und es geht weiter: Das Johannes Rau Kultur- und Bildungszentrum wird zu einem kulturellen Mittelpunkt in unserer Stadt. Noch einer. Hier wird die Jugendkunstschule Aber Hallo integriert, ihr hervorragendes kulturpädagogisches Angebot wurde mittlerweile sogar nach Baesweiler exportiert. Am städt. Gymnasium haben wir eine Musikschule, die allen Kindern aus Alsdorf offen steht. Im KuBiZ werden auch die städt. Chöre mit ihrem phantastischen gesangspädagogischen Angebot Einzug halten und hier entstehen eine Vielzahl von multifunktional nutzbaren Räumen für ein offenes Stadtteilangebot. Zahlreiche Vereine werden hier ihr Quartier beziehen und sicher auch den wunderschönen Annapark vor der Haustüre zu nutzen wissen.
Dies alles kostet Geld. Viel Geld. Kritiker sagen, das sei zu viel. Wenn wir es ernst meinen mit dem Spruch “Unsere Jugend ist unser Kapital”, dann müssen wir jetzt hier und an dieser Stelle dieses Geld investieren in unser aller Zukunft. Wofür, wenn nicht für ein solches Projekt müssen wir uns besonders anstrengen? Hier ist etwas Einmaliges entstanden und dafür lohnt es sich, besonders tief in die Tasche zu greifen.
Bildung und Kultur im Zentrum – das KuBiZ ist ein Alsdorfer Alleinstellungsmerkmal und wird uns Pluspunkte bringen, wenn sich junge Familien aus der Region, die vielleicht am neuen Campus in Aachen Arbeit finden, ein dauerhaftes Domizil zum Leben aussuchen. Wir stellen uns zugleich auf im Bereich neuer Wohnangebote, denn wir haben die Flächen dafür, wir haben sie im Zentrum, wir haben sie entlang der Euregiobahn und wir haben sie in jeder Lage und in jeder Qualität und das zu guten, günstigen Preisen. Attraktiv für Familien. Alsdorf die Familienstadt.
Was hier in den letzten Jahren bewegt wurde, ist enorm. Und wie ich eingangs sagte: Etliche Aufgaben liegen noch vor uns. Ich denke da z. B. an die Attraktivierung der Innenstadt durch die Bebauung des Zentralparkplatzes. Wir haben zudem mit der Unterstation, der Turbinenhalle und dem Fördermaschinenhaus am Annaplatz noch ehemalige Bergbaugebäude, die mit Leben gefüllt werden sollen. Denn auch hier gilt: das sind Herausforderungen, aus denen wieder neue Chancen wachsen können. Was daraus werden kann, sehen Sie an unserem Johannes Rau Kultur- und Bildungszentrum. Viele haben nicht daran geglaubt. Und doch stehen wir hier. Darauf dürfen wir alle stolz sein.
Dieses KuBiZ wird ein sehr belebender Faktor für unser Stadtzentrum sein, das ist es schon jetzt. Und ich freue mich sehr, wenn ich die Schülerinnen und Schüler durch den Annapark ins Zentrum bummeln sehe oder die Eltern, die auf dem Weg zum KuBiZ in der Innenstadt zum Einkaufen Halt machen. Wir alle wissen, dass unser Stadtzentrum noch einige Hürden nehmen muss, bis wir eine runde Innenstadt mit arrondiertem Einzelhandels- und Dienstleistungsangebot und schönen Gastronomien an Plätzen mit hoher Aufenthaltsqualität haben.
Die Infrastruktur mit Plätzen, Parkmöglichkeiten, Top-Freizeitangeboten und hoher Facharztdichte ist schon da. Die großen Leerstände in Luisenpassage, früherem Globus-Center und bald auch im Rathaus-Center sind passé. Und mit der Entwicklung rund um den Zentralparkplatz wollen wir auch das Angebot im Einzelhandel – das viel besser ist als sein Ruf – rund machen. Ja, das ist noch ein gutes Stück Arbeit, aber das Ziel ist in Sichtweite und heute haben wir einen großen Meilenstein auf dem Weg dorthin geschafft und dürfen uns gemeinsam darüber freuen.