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Weitere Stolpersteine im Gedenken an Opfer des NS-Regimes verlegt




Seit vielen Jahren setzt sich der Arbeitskreis „Wider das Vergessen“ in Alsdorf dafür ein, an die Opfer des Nationalsozialismus zu erinnern. An zumeist jüdische Menschen, die vor dem Erstarken des NS-Regimes Nachbarn und Freunde waren, Arbeiter und Kaufleute. Menschen, die vor Ort einfach zur Gesellschaft gehörten. 
75 Stolpersteine hat der Arbeitskreis bislang in Erinnerung an die Opfer verlegt, 37 in Alsdorf und 38 in Hoengen und Warden. Jetzt kamen drei weitere hinzu, die im Beisein von Nachfahren jüdischer Familien in Hoengen verlegt wurden. Zwei der Steine wurden in Ergänzung von bisher sechs Steinen verlegt, die an die Familie Keller erinnern. Die lebte an der Schillerstraße 119, wo Metzgermeister Josef Keller eine Metzgerei betrieb. Um ein Tuchgeschäft kümmerten sich die Töchter Anni und Herta. Als aus Anfeindungen Angriffe wurden und Nazis nicht nur die geschäftliche Existenz, sondern auch das Leben bedrohten, entschieden sich viele Mitglieder der Familie zur Flucht. Die Eltern Josef und Johanna überlebten Krieg und Verfolgung in einem Versteck in Kerkrade, das ihnen ihr Sohn Ernst eingerichtet hatte. Sie emigrierten später in die USA, wo Joseph Keller ca. 100-jährig starb. Tochter Änni Keller gelang mit ihrem Mann ebenfalls über Holland die Flucht, die sie nach Palästina führte. Sohn Walter Keller gelang ebenfalls zunächst die Flucht nach Kerkrade, wo er jedoch dem NS-Regime zum Opfer fiel und nach seiner Deportation nach Flossenbürg ermordet wurde. Seine Schwester Herta Keller, geborene Levy, wurde ebenfalls von Kerkrade deportiert und in Sobibor ermordet. Sohn Ernst Keller gelang über die Niederlande die Flucht in die USA. Er starb 2001 in New York. Von dort kam nun seine Tochter Evie Shvetz-Keller gemeinsam mit ihrer Tochter Elisabeth Lowy-Shvetz und Schwiegertochter Nadja Raver nach Alsdorf und hat dort zwei weitere Steine im Gedenken an die Familie Keller verlegt. Sie erinnern an Leo Keller, Sohn von Josef und Johanna Keller, der nach seiner Flucht in die USA 1962 in New York verstarb, und an seine Schwester Elsa Keller, die nach ihrer Flucht bis 1982 in New York lebte. „Ich freue mich von Herzen, hier bei ihnen sein zu dürfen und mit diesen Steinen meiner Tante und meines Onkels zu gedenken“, sagte Evie Shvetz vor zahlreichen Menschen, die der Stolpersteinverlegung beiwohnten. Musikalisch umrahmt wurde die Verlegung von der Familie Grunewald, die heute im ehemaligen Haus der Familie Keller lebt. Gebete und Reflexionen sprachen Pfarrer Konrad Dreeßen und Pfarrer Wolfgang Willnauer-Rosseck.
Ein weiterer Stein wurde im Gehweg an der Jülicher Straße vor dem Gebäude mit der Hausnummer 58 eingelassen. Dort wuchs der 1912 geborene Walter Elkan als einziger Sohn von Hermann und Emma Elkan auf. Der Vater war Viehhändler, Walter Elkan arbeitete in einem jüdisch geführten Geschäft in Aachen, das unter Repressalien des NS-Regimes litt und seine Angestellten entlassen musste. Walter Elkan kümmerte sich zunächst um das Vieh seines Vaters, bekam dann aber von ihm die Erlaubnis, Autofahren zu lernen und das Land zu verlassen. Walter Elkan wanderte nach Palästina aus und arbeitete als Lastwagenfahrer, war dann jahrelang Busfahrer in Jerusalem. Später kehrte Walter Elkan nach Deutschland zurück und lebte bis zu seinem Tod im Jahr 2005 in Düsseldorf. Seine Tochter Dr. Tamar Leventer erinnerte bei der Stolpersteinverlegung, die am 80. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz stattfand, an ihn. Ihre Tochter Orly war ebenfalls dabei. Auch Walter Elkans Enkelin, Sandra Yaron, war gemeinsam mit Ihrem Sohn Noah und ihrem Ehemann Professor Joseph Kastersztein nach Alsdorf gekommen. 
Am Tag zuvor hatten die in New York lebenden Nachfahren auch den ehemaligen jüdischen Friedhof auf der Begau besucht, der vor rund 220 Jahren angelegt und 1999 dank einer Initiative der Siedlergemeinschaft Begau gesäubert und durchforstet worden war. Vor zahlreichen Menschen erinnerte Bruno Baltes, der die Geschichte der jüdischen Familien in Alsdorf recherchiert hat, daran, wie selbstverständlich die jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger einst zu der Gemeinde gehörten. Auch waren sie Teil des Vereinslebens, das beim Termin auf dem Friedhof auch von Vertretern der St. Jakobus Schützenbruderschaft 1869 Alsdorf-Warden und des Karnevalsausschusses Hoengen mit Prinz Michael I. und Prinzessin Yvonne repräsentiert wurde. 
(apa 31.01.2025)
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